Inhaltsverzeichnis
- Warum das Beckenbodentraining so wichtig ist
- Was macht die Beckenbodenmuskulatur eigentlich genau
- Die Gründe einer schwachen Beckenbodenmuskulatur
- Vorteile des Beckenbodentrainings für Frauen und Männer
- Die Rolle der Beckenbodenmuskulatur beim Sex
- Beckenbodentraining während der Schwangerschaft und nach der Geburt
- Die Beckenbodenmuskulatur erspüren
- Die Bedeutung der richtigen Atmung beim Beckenbodentraining
- Beckenbodentraining – 7 Übungen für einen gesunden Beckenboden
- Fazit
Warum das Beckenbodentraining so wichtig ist
Die Beckenbodenmuskulatur wird von den meisten erst wahrgenommen, wenn sie nicht mehr richtig funktioniert und eventuell das eine oder andere Tröpfchen ungewollt in der Hose landet. Tatsächlich erfüllt die Beckenbodenmuskulatur aber mehr, als nur gegen Inkontinenz zu wirken. Und unter anderem kann eine Stärkung dazu genutzt werden, mehr Lust und Erfüllung beim Sex zu empfinden – das gilt sowohl für Frauen als auch für Männer. Du willst wissen, mit welchen Übungen du deinen Beckenboden trainieren kannst, dann bist du hier genau richtig.
Was macht die Beckenbodenmuskulatur eigentlich genau?
Die Muskulatur des Beckenbodens liegt unter den Bauch und Beckenorganen und schließt den Raum nach unten ab. Die beteiligten Muskeln sind dabei wie ein umgedrehter Regenschirm am Becken aufgespannt und geben Halt und unterstützen zudem die Schließmuskulatur von Harnröhre und After. Zudem hält die Beckenbodenmuskulatur auch den hohen Drücken stand, die zum Beispiel beim schweren Heben, Husten oder Niesen im unteren Beckenraum entstehen. Sie verhindert weiterhin ein unabsichtliches Austreten von Urin und lässt den Stuhlgang nur zu, wenn sie entspannt. Der Beckenboden arbeitet direkt mit der Bauch- und unteren Rückenmuskulatur zusammen und unterstützt damit auch den aufrechten Gang. Nicht zuletzt sorgt eine starke Muskulatur des Beckenbodens auch für ein lustvolleres Sexualempfinden.
Jeder dritte Beckenboden ist nur schwach ausgeprägt
Studien lassen vermuten, dass jede dritte Frau über eine Beckenbodenschwäche verfügt. Die Folge ist der Drang, häufig auf Toilette gehen zu müssen, leichte Urinabgüsse beim Husten, Lachen oder beim Sport sowie Inkontinenz im weiteren Verlauf. Auch das Gefühl, dass nach dem Toilettengang das Gefühl da ist, das die Blase nicht vollständig entleert wurde, ist ein klassisches Symptom. Weniger bekannt ist, dass eine Beckenbodenschwäche Rückenschmerzen sowie Leisten-, Becken- und Hodenschmerzen begünstigen kann. Apropos Hoden: eine schwache Muskulatur des Beckenbodens betrifft nicht nur Frauen, sondern Männer ebenso!
Die Gründe einer schwachen Beckenbodenmuskulatur
Einer der Hautgründe ist das viele Sitzen im Alltag. Beim Sitzen ist der Beckenboden nämlich dauerhaft entspannt. Die Muskulatur entwickelt sich zurück, zusammen mit der Rückenmuskulatur und einer einhergehenden Verkürzung des Hüftbeugers. Das Ergebnis sind Rückenschmerzen, Haltungsstörungen und jede Menge weiterer Probleme. Übergewicht ist ebenfalls ein Faktor sowie natürlich Geburten bei Frauen oder Operationen an der Prostata bei Männern.
Vorteile des Beckenbodentrainings für Frauen und Männer
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Vermindert oder beseitigt Blasenschwäche
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Vermindert oder beseitigt Darmschwäche
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Kann Haltungsschwächen entgegenwirken
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Kann Rücken-, Leisten-, Becken- und Hodenschmerzen mindern
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Ausgleich der Bindegewebsschwäche nach Geburten oder bei hormonellen Veränderungen in den Wechseljahren
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Wirkt eine Gebärmutterabsenkung entgegen
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Kann bei Potenzproblemen oder verfrühter Ejakulation bei Männern helfen
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Wichtig und unterstützend nach Prostataoperationen
Die Rolle der Beckenbodenmuskulatur beim Sex
Wenn dich die obigen Vorteile noch nicht überzeugt haben, dann wirst du spätestens jetzt hellhörig werden, denn eine gut entwickelte Beckenbodenmuskulatur steigert das sexuelle Glück und das Lustempfinden. Frauen spüren mehr, wenn sie die Muskulatur des Beckens anspannen und der Mann wird ebenfalls direkt positive Rückmeldung geben. Doch auch Männer sollten sich um einen starken Beckenboden bemühen, denn dieser hilft bei Potenzproblemen, sorgt für mehr Standfestigkeit und sorgt für längere Orgasmen. Das sind doch mal gute Gründe, fürs Becken trainieren!
Beckenbodentraining während der Schwangerschaft und nach der Geburt
Beckenbodentraining und die damit verbundenen Übungen helfen nicht erst nach der Geburt, sondern schon während der Schwangerschaft und stärken Bindegewebe, Muskeln und Bändern, damit Inkontinenz nicht zum Thema wird. Zudem hilft ein starker Beckenboden beim Tragen des Babys in der Schwangerschaft und verbessert gleichzeitig die Elastizität, welche für die Geburt nötig ist. Übrigens: Beckenbodentraining ist auch unter dem Begriff Kegelübungen bekannt. Wer da an Bowling denkt, liegt allerdings falsch. Der Name führt auf den Gründer der Übungen zurück, den amerikanischen Gynäkologen Arnold H. Kegel.
Ab wann sollte ich damit anfangen den Beckenboden zu kräftigen?
In der Schwangerschaft kannst du jederzeit dein Becken trainieren, aber natürlich gerne auch schon vorher! Achte in der Schwangerschaft nur darauf, nicht durch Hüpfen zu trainieren, sondern eher mit langsamen Übungen. Nach der Geburt solltest du es mit dem Becken trainieren für rund 6 Wochen ruhig angehen lassen. Falls du einen Kaiserschnitt hattest, dann sollte das Gewebe erstmal gut abheilen, was 8-12 Wochen dauern kann, bis du mit der Stärkung des Beckenbodens und weiteren Übungen und Training beginnen solltest.
Beckenbodenschwäche und ein Ausleiern vom Beckenboden entgegenwirken
Eine Schwangerschaft belastet den Beckenboden schon aufgrund des immer größer werdenden Babys, weshalb ein regelmäßiges Beckenbodentraining schon von Anfang an mit in den Alltag integriert werden sollte. Die Geburt mit ihren Wehen und der Geburt selbst, bringen den Beckenboden schließlich an seine Dehnungsgrenzen und oft auch darüber hinaus. Wer hier gut vorgearbeitet hat, profitiert von einer starken Muskulatur und Gewebe. Um nicht nur Beckenbodenschwäche und ein „Ausleiern“, sondern auch etwaige Inkontinent, ein Absenken der Gebärmutter oder weniger Lustempfinden beim Sex zu vermeiden, sollte das Beckenbodentraining ein paar Wochen nach der Geburt wiederaufgenommen werden.
Die Beckenbodenmuskulatur erspüren
Fürs Training wäre es natürlich gut zu wissen, welche Muskeln du genau anspannen muss. Für Anfänger ist das am einfachsten, wenn sie beim Wasserlassen versuchen, den Urinstrahl zu unterbrechen. Dabei wird die Muskulatur am Damm angespannt und die tiefen Beckenmuskeln Drumherum. Der Damm liegt übrigens zwischen After und den äußeren Genitalien. Sobald der erste Aha-Effekt eingetreten ist, ist ein bewusstes Ansteuern leichter. Die Zielbewegung ist ein nach oben Ziehen des Dammes durch Anspannung der Beckenbodenmuskulatur. Wichtig ist es, die umliegende Bauch-, Rücken- und Gesäßmuskulatur dabei entspannt zu lassen. Um ein noch besseres Gespür für die Muskulatur zu bekommen, kannst du auch einfach mit einem Finger und leichtem Druck mittig auf den Damm pressen und dann die Muskulatur anspannen.
Die Bedeutung der richtigen Atmung beim Beckenbodentraining
Da das Zwerchfell und Beckenboden eng miteinander zusammenhängen, ist auch die Atmung beim Training des Beckenbodens von Bedeutung. Anatomisch gesehen, senkt sich beim Einatmen das Zwerchfell und gibt dem Beckenboden etwas mehr Platz zum Ausdehnen. Beim Ausatmen bewegt sich das Zwerchfell und der Beckenboden wieder nach oben. Für dich bedeutet das, dass du beim Training während der Anspannung ausatmen sollst und während der Entlastungsphase einatmen sollst. Das Prinzip der richtigen Atmung gilt prinzipiell übrigens für alle Übungen, nicht nur für das Beckenbodentraining!
Beckenbodentraining – 7 Übungen für einen gesunden Beckenboden
Spann den Damm
Die Übung lässt sich immer und überall durchführen, egal ob du gerade vor deiner Lieblingsserie sitzt, an der Bushaltestelle stehst oder mit dem Chef im Gespräch bist! Sobald du gelernt hast, die Beckenbodenmuskulatur gezielt anzusteuern, spanne diese jeweils für drei Sekunden an und mache dann zehn Sekunden Pause. Wiederhole das fünf Mal und baue die Übung insgesamt 4-5 Mal jeden Tag ein. Denke nur daran, dass du währenddessen die Bauch- und Gesäßmuskulatur entspannt lässt.
Sesselfest
Setze dich in einen Sessel und stelle die Füße hüftbreit auf dem Boden. Oberschenkel und Unterschenkel bilden einen 90 Grad Winkel. Wenn du nun die Fersen fest in den Boden drückst, wird der hintere Teil der Beckenbodenmuskulatur angespannt. Drückst du die Zehen in den Boden, aktivierst du den vorderen Anteil. Achte auch hier darauf, dass du jeweils nur die Beckenmuskeln anspannst und nicht die Bauchmuskulatur.
Hip Raise
Lege dich mit angewinkelten Beinen entspannt auf den Rücken. Die Füße stehen ungefähr schulterweit auf. Bringe nun die Hüfte nach oben, so dass vom Hals bis zu den Knien eine gerade Linie entsteht. Halte die Position zehn bis fünfzehn Sekunden und wiederhole drei bis fünf Mal. Sobald das gut geht, halte die Position jeweils drei Sekunden. In der nächsten Stufe streckst du ein Bein in Verlängerung der Hüfte gerade nach vorne. Halte dabei die Hüfte in der Verlängerung des Rückens.
Pillow-Press
Lege dich auf den Bauch und platziere unter deinem Becken ein Kissen. Die Hände liegen verschränkt unter dem Kopf, der locker auf den Händen liegt. Die Beine sind locker gespreizt und die Schultern entspannt. Presse aus dieser Haltung heraus mit leichtem Druck das Schambein gegen das Kissen und halte die Position für zehn Sekunden. Wiederhole fünf Mal.
Becken trainieren mit dem Gymnastikball
Schnapp dir einen Gymnastikball und setze dich mit gestrecktem Oberkörper mit Blickrichtung zur Wand hin, wobei der Ball nur ca. 10 cm Abstand zur Wand haben sollte. Spreize nun die Beine soweit du kannst ab und stelle die Fußinnenränder an die Wand. Nun drückst du mit der Knie-Innenseite im Dauerdruck gegen die Wand. Aktiviere in dieser Position nun den Beckenboden, indem du vom Gefühl her versuchst beim Ausatmen langsam die Oberseite des Balls „aufzusaugen“ und gegen die Wand zu pressen. Beim Einatmen entspannst du den Beckenboden wieder. Wiederhole dies einige Male.
Kniebeuge mit dem Fitnessband
Lege dir ein Fitnessband unterhalb der Knie um die Beine herum, stelle die Füße hüftbreit und senke von dieser Position aus den Po langsam nach unten. Die Hände kannst du in der Taille abstützen. Drücke beim Absenken bewusst die Fersen in den Boden drücken. Die Knie sollten zudem nicht über die Füße hinausragen. Richte dich anschließend langsam wieder auf und wiederhole 10-15 Mal.
Seitliches Beinheben mit dem Fitnessband
Lege dich auf deine Fitness- oder Yogamatte seitlich hin und spanne ein Fitnessband leicht oberhalb der Knie. Stütze dich leicht mit einer Hand vor dem Körper auf, damit du stabil bleibst, strecke die Beine und hebe nun das ober Bein an und senke es anschließend wieder ab. Wiederhole zwischen 10-30 Mal und wechsele dann das Bein.
Fazit
Das Beckenbodentraining bringt sowohl für Frauen als auch für Männer viele Vorteile. Mit gezielten Übungen für deine Beckenbodenmuskulatur kannst du dem Hauptgrund für einen schwachen Beckenboden, dem zu viel Sitzen im Alltag ganz einfach entgegenwirken.
Quellen:
1) Harvard Health Publishing, Step-by-step guide to performing Kegel exercises, URL: https://www.health.harvard.edu/bladder-and-bowel/step-by-step-guide-to-performing-kegel-exercises (letzter Zugriff 25.07.2022)
2) WebMD, Top Kegel Exercises for Women, URL: https://www.webmd.com/women/kegel-exercises-women (letzter Zugriff 24.07.2022)
3) Anke Modeß, Beckenbodentraining: 8 super Übungen für zuhause und unterwegs, URL: https://www.babelli.de/beckenbodentraining (letzter Zugriff 24.07.2022)
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